Die Entstehung der Jahreszeiten
Im Laufe eines Jahres ändern sich an einem bestimmten geographischen Ort Intensität, Dauer und Winkel des Sonnenlichteinfalls. Zwar läuft die Erde auf einer Bahn um die Sonne, die elliptisch und nicht kreisförmig ist, sodass die Distanz zur Sonne variiert, doch betreffen die dadurch entstehenden Unterschiede allein die Lichtintensität und sind wegen der geringen Bahnexzentrizität nicht groß (den sonnennächsten Bahnpunkt (Perihel) durchläuft die Erde in der ersten Januarwoche, im Winter auf der Nordhalbkugel). Für die auf der Erde erlebbaren Jahreszeiten bestimmend ist dagegen die Lage der Rotationsachse relativ zur Ebene der Umlaufbahn. Wie bei einem Kreisel behält die Erdachse wegen der Drehimpulserhaltung ihre Orientierung im Raum bei und steht so (nahezu) raumfest in einem bestimmten Winkel zur Ekliptikebene.
Dieser Neigungswinkel der Erdachse ist nicht rechtwinklig (90°), sondern beträgt (derzeit) etwa 66,6°, sodass die Äquatorebene um etwa 23,4° (23° 26') geneigt ist gegenüber der Bahnebene. Deshalb ändert sich während eines Erdumlaufs um die Sonne der Einstrahlwinkel des Sonnenlichts (Sonnenhöhe zu Mittag) im Jahreslauf sowie bei der Rotation der Erde um sich selbst auch die Dauer des Tageslichts (lichter Tag) als Tageslänge, in den polfernen Regionen außerhalb der Polarkreise je von einer Erdumdrehung zur nächsten.
Für die Entstehung von Jahreszeiten ist zunächst entscheidend, wie stark der jeweilige Anteil der Strahlungsleistung der Sonne, den eine bestimmte geografische Region – bezogen auf ihr Oberflächenrelief abhängig sowohl von Einstrahlwinkel wie auch Tageslänge – als Bestrahlungsstärke empfängt, im Jahreslauf schwankt. Während die Sonnenhöhe zu Mittag für alle Orte außerhalb der Polarregionen jährlich um ± 23,4° schwankt und der durchschnittliche Höhenwinkel zu den Polen hin flacher wird, dauert der lichte Tag durchschnittlich gleich lang, doch wächst die Schwankungsbreite der Tageslänge mit zunehmender geografischer Breite. Da beide Faktoren über den Tagbogen zusammenhängen – höchster Sonnenstand und längster Tag fallen zusammen – und ihre Schwankungen sich summieren, hängt die Ausbildung von Jahreszeiten somit vorrangig von der geografischen Breite einer Region ab.