Den Sinn erkennen
Gibt es angesichts der ökologischen Bedrohungen überhaupt noch Hoffnung? Es ist erstaunlich, dass die Umweltorganisation Greenpeace genau diese Frage anlässlich der 16. Vertragsstaatenkonferenz zur UN-Klimakonvention im Dezember 2010 in Cancun in einer symbolträchtigen Installation aufwarf: An den Meeresstrand von Mexiko wurde ein Rettungsring von etwa 20 Meter Durchmesser gelegt. Daneben formten Menschen, die sich auf den Strand legten, das Wort „HOPE“ mit einem dicken Fragezeichen dahinter. „Die Welt ist in großer Not – doch gibt es Hoffnung?“ so die auf diese Weise aufgeworfene Frage von Greenpeace.
Was ist eigentlich Hoffnung? Sie ist das Gespür dafür, dass es sinnvoll ist, das als gut Erkannte zu tun, völlig unabhängig von Erfolg oder Misserfolg. Genau das sagt das berühmte, oft gebrauchte Zitat von Vaclav Havel: „Hoffnung ist nicht dasselbe wie die Freude darüber, dass sich die Dinge gut entwickeln. Sie ist auch nicht die Bereitschaft, in Unternehmen zu investieren, deren Erfolg in naher Zukunft absehbar ist. Hoffnung ist vielmehr die Fähigkeit, für das Gelingen einer Sache zu arbeiten. Hoffnung ist auch nicht dasselbe wie Optimismus. Sie ist nicht die Überzeugung, dass etwas klappen wird, sondern die Gewissheit, dass etwas seinen guten Sinn hat – egal, wie es am Ende ausgehen wird. Diese Hoffnung alleine ist es, die uns die Kraft gibt zu leben und immer wieder neues zu wagen, selbst unter Bedingungen, die uns vollkommen hoffnungslos erscheinen. Das Leben ist viel zu kostbar, als dass wir es entwerten dürften, indem wir es leer und hohl, ohne Sinn, ohne Liebe und letztlich ohne Hoffnung verstreichen lassen!“ (Vaclav Havel)
Hoffnung richtet sich also nicht auf die Zukunft, sondern auf die Gegenwart; nicht auf das Morgen, sondern auf das Heute; nicht auf das Später, sondern auf das Jetzt: Jetzt spüren Hoffende, was die Stunde geschlagen hat; jetzt tun sie, was sie tun können; jetzt gehen sie einen kleinen, scheinbar unbedeutenden Schritt, anstatt auf die Gelegenheit zum großen Sprung zu warten, die bis in Ewigkeit nicht kommen wird.
(Michael Rosenberger)