Gleichgewicht gewinnen
„209. Das Bewusstsein der Ernsthaftigkeit der kulturellen und ökologischen Krise muss in neuen Gewohnheiten zum Ausdruck kommen. Viele wissen, dass der gegenwärtige Fortschritt und die bloße Häufung von Gegenständen und Vergnügen nicht ausreichen, um dem menschlichen Herzen Sinn zu verleihen und Freude zu schenken, doch sie fühlen sich nicht fähig, auf das zu verzichten, was der Markt ihnen bietet. In den Ländern, welche die größten Änderungen der Konsumgewohnheiten erbringen müssten, haben die Jugendlichen ein neues ökologisches Empfinden und eine großzügige Gesinnung, und einige von ihnen kämpfen in bewundernswerter Weise für den Umweltschutz, doch sie sind in einem Kontext außerordentlich hohen Konsums und Wohlstands aufgewachsen, der die Entwicklung anderer Gewohnheiten erschwert. Darum stehen wir vor einer erzieherischen Herausforderung.
210. Die Umwelterziehung hat ihre Ziele erweitert. Wenn sie anfangs die wissenschaftliche Information sowie die Bewusstmachung und Vermeidung von Umweltgefahren sehr in den Mittelpunkt stellte, neigt sie jetzt dazu, eine Kritik an den auf der instrumentellen Vernunft beruhenden »Mythen« der Moderne (Individualismus, undefinierter Fortschritt, Konkurrenz, Konsumismus, regelloser Markt) einzuschließen und auch die verschiedenen Ebenen des ökologischen Gleichgewichts zurückzugewinnen: das innere Gleichgewicht mit sich selbst, das solidarische mit den anderen, das natürliche mit allen Lebewesen und das geistliche mit Gott. Die Umwelterziehung müsste uns darauf vorbereiten, diesen Sprung in Richtung auf das Mysterium zu vollziehen, von dem aus eine ökologische Ethik ihren tiefsten Sinn erlangt.“
(Papst Franziskus, Enzyklika Laudato si Nr. 209-210)